Pflegemaßnahmen beispielhafter Projekte

 

Sie alle leben individuell und legen ihre Eier auf verschiedene Weise einzeln ab: in hohle Pflanzenstängel, kleine Löcher und Käfergänge in Holz und Rinde, in Sand oder als kunstvoll getöpferte Gebilde an Lehmwänden und Mauern. Die teilweise glänzend bunten und größtenteils kleinen, nur wenige Millimeter großen Wildbienenarten sind durch die großflächige und intensive landwirtschaftliche Nutzung gebietsweise selten geworden. Ihnen fehlen Feldraine, bunte Wiesen, Wildkräuter in Acker und Wegrand. Aber auch die sauber gepflegten Gärten, Dörfer und Städte bieten den Wildbienen keinen Lebensraum mehr. Hinzu kommt, dass der Wildbiene im Zuge der Intensivierung der Landwirtschaft und aufgrund von Landnutzungsänderungen Nahrungsquellen und Nistmöglichkeiten fehlen. Dabei ist die Leistung der Wildbienen für den Naturhaushalt von unschätzbarem Wert: Sie sind für die Bestäubung der meisten Pflanzenarten, Obstbäume und Kulturpflanzen unerlässlich und leisten dabei einen wesentlich
höheren Beitrag als die Honigbiene. Durch ihre Artenvielfalt und Anpassung an die verschiedensten Lebensräume erreichen sie mehr Pflanzen als die Honigbiene und sind auch flexibler bei Wind und Wetter. Aber auch die Honigbienen sind in ihrem Bestand aufgrund von Krankheitserregern, wie der Varroa-Milbe oder dem Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft stark gefährdet.

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Eine Möglichkeit, um Wildbienen und Honigbienen zu unterstützen, ist das Anlegen von so genannten „Bienenweiden" durch regional zertifizierte Saatgutmischungen, die sich durch gebietsheimische Blühpflanzen auszeichnen. Landschaften zum Blühen zu bringen und damit den bestäubenden Insekten durch die angelegten „Bienenweiden" einen Lebensraum und Nahrung zu bieten, ist ein großes Anliegen des Naturparks Rhein-Westerwald. Passend zum beginnenden Frühjahr wurden für die Einsaat im eigenen Privatgarten kleine Samentütchen mit einer regionalen Saatgutmischung, die auf die Bedürfnisse von Wildbienen und Honigbienen abgestimmt ist, entwickelt. Die Samentütchen „Bienenweiden" sind beim Naturpark Rhein-Westerwald zu erhalten (nur so lange der Vorrat reicht).

Hier gehts zur Artenliste.

Einige Naturpark-Gemeinden beteiligen sich aktiv, Bienenweiden anzulegen. Mit Unterstützung des Naturparks, der bei der Auswahl und Förderung des Saatgutes behilfreich war, wurden durch großteils eherenamtliches Engagement der Bürgerinnen und Bürger gemeinsam mit den Ortbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeistern Bienenweiden auf gemeindeeigenen Flächen angelegt.

Im Naturpark Rhein-Westerwald gibt es sehr unterschiedliche Beweidungsprojekte, wie im Grenzbachtal oder auf den Heideflächen im Bonefeld.

Das Grenzbachtal

Beweidung GrenzbachDas Motto "Schutz durch Nutzung" wurde im Grenzbachtal verinnerlicht und sukzessive umgesetzt. Während das Tal einst durch eine bäuerliche Grünlandnutzung bewirtschaftet wurde, wuchs es durch die Nutzungsaufgabe bis in die 2000er Jahre nach und nach zu. Zudem wurden in dem Tal Fichten aufgeforstet. Der ursprüngliche Charakter der Tallandschaft ging Stück für Stück verloren. In einem beispielhaften Modellprojekt wurden ab dem Jahr 2004 die Fichten gerodet sowie Bachverbauungen zurück gebaut. Durch diese Maßnahmen wurde es möglich, dass das Tal wieder durch robuste Rinderrassen, wie Galloways und Heckrinder, von Bewuchs freigehalten wird und seinen ursprünglichen Charakter eines Wiesentals zurück erhielt. 

Das Aubachtal

Im Aubachtal wurde im Jahr 2013 durch die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Neuwied ein weiteres Beweidungsprojekt mit Modellcharakter gestartet. Da sich im Aubachtal in den letzten Jahren verstärkt das Indische Springkraut ausgebreitet hat, wurde das Modellprojekt im oberen Aubachtal umgesetzt. Damit soll versucht werden, den Eintrag von Samen des Indischen Springkrauts auf weiter flussabwärts gelegene Flächen zu vermindern. Dazu wurden seitens der Kreisverwaltung spezielle Flächen zunächst händisch von Springkraut befreit und im Anschluss durch Schafe beweidet.

Heidschnucken in Bonefeld

Beweidung Heidschnucken 3Obwohl Heideflächen im Naturpark Rhein-Westerwald eher selten sind, wachsen in Bonefeld Heidepflanzen. Das Gebiet der „Bonefelder Heide", das bis in die 1970er Jahre hinein abgeflämmt wurde, drohte durch die natürliche Sukzession verloren zu gehen. Um diesen Prozess aufzuhalten und die Heide zu erhalten, engagiert sich der NABU Rengsdorf mit einem Beweidungsprojekt auf den Heideflächen. Durch die fachliche Unterstützung vom Biotopbetreuer Günter Hahn Beweidung Bonefeld Wolfgang Tischlerwurde es möglich, dieses Gebiet in den Sommermonaten mit „grau gehörnte Heidschnucken" zu beweiden. Durch die Beweidung der Flächen, die Schafe fressen am liebsten Ginster und Birken, werden diese Landschaftsbestandteile erhalten, so dass die Heideflächen schon bald wieder erblühen können.

Für die Beweidung ist das ehrenamtliche Engagement des NABU Rengsdorf zentral, die zunächst das Gebiet entbuschen und einzäunen mussten. Die Heidschnucken werden durch die "Projektgruppe Schafe" täglich betreut. 

Das Projekt wird von der SGD Nord über die Kreisbiotopbetreung im Landkreis Neuwied unterstützt. 

Die Streuobstwiesen zeichnen sich im Vergleich zur herkömmlichen Obsterzeugung (niederstämmige Plantagenwirtschaft) dadurch aus, dass das Obst auf hochstämmigen Baumformen erzeugt wird und „verstreut" in der Landschaft und vor allem auf Wiesen und Weiden steht. Bei den Streuobstbeständen werden neben der Obsterzeugung auch die Flächen unter den Bäumen zum Beispiel als Weideflächen genutzt. Gerade für die Biodiversität haben die Streuobstbestände einen hohen Stellenwert: In Mitteleuropa bieten diese einen Lebensraum für über 5.000 Tier- und Pflanzenarten und bringen über 3.000 verschiedene Obstsorten hervor.

streuobstwiesen

Charakteristische Arten sind z. B. der Steinkauz, der allerdings in den letzten Jahren im Naturpark Rhein-Westerwald seltener geworden ist, oder der Grünspecht. Aber auch Haselmäuse oder Siebenschläfer quartieren sich gerne in den Obstbaumbeständen ein. Altholzbestände oder Totholzhaufen können zudem Rückzugs- und Lebensräume bilden.

Da die rentable Bewirtschaftung von Streuobstwiesen heute kaum noch möglich ist, werden viele Streuobstwiesen nicht mehr gepflegt. Die Folge ist, dass die zum Teil sehr alten Bäume mit Misteln besetzt werden sowie durch den fehlenden Schnitt verwahrlosen und damit kaum noch Erträge bringen.

Der Naturpark Rhein-Westerwald ist bestrebt, diese alten Streuobstbestände durch Pflegeschnitte zu erhalten. Dabei arbeitet der Naturpark eng mit der Unteren Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung Neuwied zusammen. Im Naturpark gibt es aber auch zahlreiche ehrenamtliche Initiativen, die sich um die Pflege und den Erhalt von Streuobstwiesen kümmern. Beispielsweise setzt sich der NABU Neuwied mit Pflegeschnitten und Neupflanzungen beim Erhalt der Streuobstwiesenbestände ein.

Im Naturpark Rhein-Westerwald wurden im Jahr 2013 durch das gemeinschaftliche Engagement mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Neuwied und durch das Land Rheinland-Pfalz zahlreiche Sanierungsschnitte an alten, erhaltenswerten Baumbeständen durchgeführt. Zudem konnten Neupflanzungen von alten Arten vorgenommen werden. Dies leistet einen Beitrag dazu, die historische Kulturlandschaft der Streuobstwiesen auf für die zukünftigen Generationen zu erhalten.

Rhein mit Erpeler Ley und Goldruten Andrea Bauer

Die biologische Vielfalt ist rückläufig. Die Ursachen für die Gefährdung der Biodiversität sind vielfältig und reichen von der Nutzungsaufgabe von Flächen und bis hin zum Klimawandel. Dies betrifft die Vielfalt innerhalb der Arten, zwischen den Arten wie auch die Vielfalt der Ökosysteme.

Die Biodiversitätsstrategie des Landes bezeichnet die Naturparke als die zentralen Modellregionen einer nachhaltigen Entwicklung ländlicher und ökologisch wertvoller Räume. Sie dienen u.a. dem Schutz und der Pflege der Kulturlandschaft unter Einschluss ihrer Biotop- und Artenvielfalt.

Invasive Arten verdrängen die raumtypische Vielfalt der heimischen Pflanzen- und Tierarten in den Biotopkomplexen. Das Indische Springkraut breitet sich zunehmend in den Bachtälern und auch auf Rodungsflächen im Wald aus. Es bildet stets dichte, monotone Bestände, die nur wenigen Arten Lebens- und Nahrungsraum bieten.

 

Neben dem indischen Springkraut sind auch Arten wie die Goldrute, der Stauden-Knöterich oder auch der Riesenbärenklau (Herkulesstaude) aus dem Kaukasus problematisch: Diese Pflanzen sind keine einheimischen Pflanzen des Naturparks, sondern wurden z. B. (bewusst oder unbewusst) durch Menschen eingeführt und werden durch Tiere, wie Vögel oder Wild, weiter verbreitet. Diese so genannten Neophyten verdrängen heimische Pflanzen und finden meist entlang von Fließgewässern und in angrenzenden Auen gute Wachstumsbedingungen. In den letzten Jahren hat sich der Naturpark Rhein-Westerwald stark in der Bekämpfung von Neophyten engagiert.

Als besonders problematisch ist der Riesenbärenklau (Herkulesstaude) einzuschätzen, dessen Pflanzensäfte toxisch wirken und zu starken Verbrennungen führen können..

Mit der Aktion Grün hat das Land Anfang 2017 ein neues Förderprogramm zur Sicherung der Biodiversität aufgelegt. Im Rahmen der Umsetzung hat der Naturpark in Abstimmung mit dem Biotopbetreuer des Kreises, Herrn Günter Hahn, Projekte gemeldet, die kurzfristig umgesetzt werden konnten. Im Dezember 2017 erhielt der Naturpark den Zuwendungsbescheid zur „Entwicklung von mageren Flachland Mähwiesen als Orchideenstandorte“ in der Ortsgemeinde Melsbach. Aufgrund der Lage im FFH-Gebiet, des Potenzials der Fläche und der Seltenheit des Biotoptyps wurde die Pflegemaßnahme zu 100 % durch das Land Rheinland-Pfalz gefördert.

Vor über 30 Jahren befanden sich im Projektgebiet noch bunte Wiesen und Böschungen mit vielen Schlüsselblumen, Akeleien, Glockenblumen und wilden Orchideen. Deren Samen und Knollen halten sich noch lange im Boden. Mit der Aufgabe der Grünlandnutzung verbuschten die Streuobstwiesen und Hangböschungen zunehmend.

Die großflächigen Freistellungs- und Rodungsarbeiten wurden Im Januar/Februar 2018 durchgeführt. In Handarbeit, mit Motorsense und Motorsäge, wurden die Flächen freigestellt und das Schnittgut entfernt.

Zur Reduzierung der Stockausschläge erfolgte zunächst im Frühsommer eine Mahd der freigestellten Bereiche, die Mahd der Gesamtfläche im Spätsommer.

Die nachhaltige Folgepflege in den nächsten Jahren soll größtenteils durch eine naturschutzfachlich gestützte Beweidung in Kombination mit Mahdarbeiten erfolgen. Bis zur Herstellung des Wiesentyps sind in den nächsten Jahren noch viele Pflegegänge erforderlich.

Das Entwicklungspotenzial der Fläche für den Naturschutz ist sehr hoch: günstige Standortbedingungen ohne nitrophile Anzeiger (keine Anzeichen von Einträgen düngender Wirkung), gute Wiederherstellbarkeit in kurzem Zeitraum, der entwickelbare Biotoptyp ist selten, bietet seltenen und speziellen Pflanzen- und Tierarten Lebensraum und fungiert als Trittsteinbiotop für den Biotopverbund.

Damit wilde Orchideen, bunte Blumen, Schmetterlinge, Eidechsen und Vögel zumindest in solchen Kleinoden überleben können, dem Insektensterben entgegengewirkt wird und wir uns an die Schönheit der Wiesen erfreuen können, stellt die Entwicklung von mageren Flachland Mähwiesen als Orchideenstandorte ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung Biodiversität im Naturpark dar.

Deutschland fällt durch seine Lage im Verbreitungszentrum der Gelbbauchunke innerhalb der Europäischen Union eine besondere Aufgabe zu ihrem Schutz zu. Die Bestände und Populationen in Rheinland-Pfalz sind durch ihre Größe von bundesweiter Bedeutung. Besonders hervorzuheben sind die Vorkommen auf Truppenübungsplätzen und in Sekundärlebensräumen in der Mittelgebirgsregion.
Die Ansprüche an den Lebensraum der Gelbbauchunken sind wenig speziell. Sie benötigen Gewässer und ein Mosaik unterschiedlicher Strukturen, da sie einen Großteil ihres Lebens unabhängig vom Gewässer verbringen.
Im Jahr 2020 wurden mehrere Tümpel angelegt. Um den Ansprüchen der Gelbbauchunken gerecht zu werden, sind Gewässer von unterschiedlicher Größe und Tiefe auf den tonig-lehmigen Boden angelegt und der Gewässerrand und -boden stark verdichtet worden.

                           DSC02437.JPG   Gelbbauchunke GHahn
                                                                                                                                                                                  Foto: Günter Hahn